Was kann Ultraschall heute?

Anlässlich meiner letzten Teilnahme am Kongress der DEGUM (Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin) 2016 (der nächste Kongress ist in diesem Jahr) möchte ich einmal eine Lanze für die Ultraschalluntersuchung brechen. Was kann sie? Jedenfalls deutlich mehr, als landläufig bekannt und in den meisten Praxen durchgeführt wird.

Bekannt ist sicher den meisten der Ultraschall des Bauchraumes, hier vor allem der sogenannten parenchymatösen Organe, wie Leber, Milz, Nieren, Bauchspeicheldrüse sowie der gefüllten Organe Gallenblase und Blase. Magen und Darm werden jedoch von vielen als nicht untersuchbar bezeichnet.

Bekannt ist meist auch noch der Ultraschall der Schilddrüse als Ergänzung zur Szintigrafie, sowie der Farbultraschall der Blutgefäße.

Doch der moderne Ultraschall mit einem aktuellen (und zugegeben nicht ganz billigen) Gerät in der Hand eines erfahrenen und regelmäßig fortgebildeten Untersuchers kann deutlich mehr!

 

Bauch/Abdomen

Die Untersuchung der Bauchorgane, soweit sie aus Gewebe bestehen („parenchymatös“) ist bekannt. Jedoch kann man entgegen landläufiger Meinung auch die Hohlorgane untersuchen, natürlich auch den Magen, Zwölffingerdarm, Dünn- und Dickdarm. Bestimmte Entzündungen des Dickdarms kann man heute mit einem guten Gerät allein am Ultraschall sicher erkennen.

Ultraschall hat einen Nachteil, ihr größter Feind ist Luft. Denn durch Luft geht der Schall nur so schwach durch, dass das Gerät kein Bild mehr errechnen kann. Trotzdem gibt es genug Möglichkeiten, dies zu umgehen:

  • Man kann die Luft beiseite streichen
  • Man kann die Luft durch festen Druck wegdrücken
  • Man kann durch eine andere Körperlage (Linksseitenlage, Sitzen, Stehen) die Luft im Bauch bewegen.

Macht man dies, gelingt in der Regel auch eine gute Beurteilung vom Verdauungssystem, wobei man vielfach Entzündungen, Tumore, aber auch Bewegungsstörungen des Verdauungstraktes wie zum Beispiel die Darmlähmung gut erkennen kann. Auch der Blinddarm lässt sich oft sehr gut beurteilen.

Man benötigt für diese Untersuchungen aber einen zweiten Schallkopf, der durch seine anderen technischen Eigenschaften in speziellen Situationen bessere Bilder produziert. Und man benötigt ein Ultraschallgerät, welches auch Farbuntersuchungen möglich macht (Duplex-Sonografie)

 

Schilddrüse

Hier wird vielfach die Schilddrüse im Graubild untersucht, dazu dann sehr oft eine Szintigrafie gemacht. Dies ist jedoch veraltetes Denken. Mit modernen Geräten, und unter Einbeziehung des Farbbildes lässt sich allein mittels Ultraschall die Schilddrüse heute so gut beurteilen, dass das Szintigramm in 99% der Fälle überflüssig ist und keine neuen Informationen liefert.

Ein Szintigramm kann nichts darstellen, was kleiner als 1 cm ist. Ultraschall kann noch Dinge darstellen, die kleiner als 1 mm sind! Damit ist die Auflösung des Ultraschalls dem Szintigramm um Längen überlegen.

Ein weiterer Vorteil des Ultraschalls ist ja im Übrigen die fehlende Strahlenbelastung!

 

Brustkorb

Die Untersuchungen des Herzens mittels Ultraschall (Echokardiographie) ist ja schon länger bekannt. Wenig bekannt ist aber bisher, dass man auch die Lunge damit untersuchen kann, da viele meinen, wegen der Luft in der Lunge gehe das gar nicht.

Das ist jedoch nicht ganz richtig. Nur die Veränderungen der Lunge, die in der Mitte liegen, und damit rundherum von luftigem Lungengewebe umgeben sind, kann man nicht untersuchen. Jedoch liegen die meisten Veränderungen an der Lunge im Randbereich, und sind deswegen sehr wohl im Ultraschall zu erkennen: Lungenentzündung, Lungenembolie, Veränderungen des Lungen- oder Rippenfells, Herzinsuffizienz mit Wasserbelastung der Lunge, Luft- (Pneumothorax) oder Wasseransammlungen (Pleuraerguss) zwischen Lungen- und Rippenfell.

In einer aktuellen Studie wurde nachgewiesen, dass die Erkennbarkeit von Lungenentzündungen mittels Ultraschall sogar höher ist als mittels der bisher üblichen Röntgenaufnahme der Lunge!

 

Knochen, Gelenke, Muskeln, Nerven, Gewebe

Auch hier kann der moderne Ultraschall inzwischen sehr viel leisten und ersetzt damit andere, teure Untersuchungen. Dazu ist der Ultraschall schnell verfügbar, lange Wartzeiten auf einen Termin (CT, MRT) entfallen in der Regel. Und der Ultraschall hat hier (und auch bei den og. Untersuchungen) einen ganz klaren Vorteil: es ist die einzige dynamische Untersuchung, denn mit Ultraschall kann man Bewegungen untersuchen, während man mit CT und MRT ja nur Zustände in Ruhe untersuchen kann (statische Untersuchung). Manche Erkrankungen kann man aber in einer dynamischen Untersuchung einfach deutlich besser und schneller erkennen.

Beispiele sind:

  • Gelenkentzündungen
  • Nervenverdickungen
  • Knochenbrüche
  • Muskelerkrankungen, Muskelverletzungen
  • Haut- und Unterhautveränderungen, Tumore, Abszesse, Entzündungen

 

Blutgefäße

Auch Blutgefäße lassen sich mit Ultraschall gut und komplett untersuchen. In den Arterien kann man Verkalkungen, Entzündungen, Verengungen und Verschlüsse gut darstellen, auch Aneurysmen (Erweiterungen) und Risse in der Gefäßwand lassen sich darstellen, sogar eine Risikowahrscheinlichkeit für ein Herzereignis (Infarkt) lässt sich mittels Ultraschall erstellen.

In den Venen lassen sich Krampfadern, Defekte der Venenklappen, Thrombosen und Entzündungen ebenfalls oft gut darstellen

 

Warum ist Ultraschall so wichtig?

  • Ultraschall ist in vielen Praxen sofort verfügbar, lange Wartezeiten sind selten
  • Ultraschall hat kaum ein Risiko
  • Ultraschall vermeidet Strahlenbelastungen
  • Ultraschall hat eine deutlich höhere Auflösung als CT und MRT, man kann manches sehr viel genauer erkennen
  • Ultraschall ist die einzige Bild gebende Untersuchung, die dynamisch (also in Bewegung) durchgeführt werden kann.
  • Ultraschall ist preisgünstig

 

Welche Voraussetzungen sind notwendig?

Ein gutes Ultraschallgerät mit Farbduplex und mindestens zwei Sonden, wobei die Mittelklasse (Gerätekosten so ab 15.000 Euro) ausreichend ist.

Ein regelmäßig fortgebildeter Arzt, denn die Entwicklung im Ultraschall ist derzeit unglaublich.

 

Welche Neuentwicklungen gibt es beim Ultraschall?

Die Untersuchung mittels Kontrastmittel: Hierdurch können Durchblutungssituationen sehr gut beurteilt werden, und an Hand der Durchblutungsverhältnisse können Diagnosen gestellt werden. Beispiel: Lebertumore, hier kann dann beurteilt werden, ob ein gutartiger oder bösartiger Knoten vorliegt. Damit ist der Ultraschall dem CT bzw. MRT gleichwertig oder sogar überlegen.

Die Untersuchung mittels Elastografie: Dabei wird die Steifigkeit eines Gewebes beurteilt zur Frage, ob Hinweise für Bösartigkeit vorliegen. Durchgeführt wird das z. B. bei Schilddrüse und Leber

 

Macht Ultraschall andere Untersuchungen überflüssig?

In manchen Fällen schon. Beispielsweise:

Ein Szintigramm bei der Schilddüse ist nur noch ganz selten notwendig, wird aber leider weiter gerne gemacht, weil man damit Geld verdienen kann.

Eine sicher erkannte Lungenentzündung im Ultraschall muss durch Röntgen nicht mehr bestätigt werden.

Eine eindeutig nachgewiesene Blinddarmentzündung oder Entzündung des Darmes braucht keine weitere Untersuchung (CT), sondern kann sofort behandelt werden.

In manchen Fällen nicht. Bei vielen Fragestellungen hilft Ultraschall bei der Diagnostik und verbessert die diagnostische Sicherheit, löst das Problem aber alleine nicht. In diesen Fällen sind weitere Untersuchungen sinnvoll.