Rabattverträge zu Medikamenten und das aut-idem-Kreuz

Seit vielen Jahren gibt es sie, die Rabattverträge zu Medikamenten. Was steckt aber dahinter? Jede Pharmafirma kann mit jeder Krankenkasse einen Vertrag abschließen, in dem unabhängig vom offiziellen Verkaufspreis zwischen der Krankenkasse und der Pharmafirma ein individueller Betrag vereinbart werden kann, zu dem die entsprechenden Medikamente an die Patienten abgegeben werden.

Soweit so gut. Sinnvoller Gedanke dahinter war, dass einzelne Krankenkassen für häufig verordnete Medikamente noch günstigere Preise erzielen können, um so die Kosten für das Gesundheitssystem weiter zu senken.

Jedoch: Wer kontrolliert denn, ob das wirklich so ist?

Dazu muss man wissen, dass die Rabattverträge geheim sind. Damit weiß außer der Krankenkasse und der Pharmafirma niemand, welcher Betrag denn nun wirklich für das Medikament bezahlt wird. Ist er wirklich günstiger? Oder haben sich, einmal böse ausgedrückt, die Chefs der Krankenkasse und Pharmafirma vielleicht sogar auf einen höheren Preis für das Medikament geeinigt?

Niemand kann es kontrollieren, und damit sind der Spekulation ja nun wirklich Tür und Tor geöffnet? Warum diese Verträge geheim sind, kann mir niemand sagen, und aus meiner Sicht gibt es auch keinen Grund, die Daten nicht offen zu legen, außer, es wird eben doch nicht das vereinbart, was eigentlich Ziel dieser Maßnahme war, nämlich Kostensenkung. Ist das wieder einer der leider inzwischen sehr zahlreichen Fälle, dass die einflussreichen Lobbyisten bestimmter Interessengruppen und Industriesparten mehr Macht haben als die Bundesregierung selbst?

Und um die Verwirrung komplett zu machen, darf eben jede Kasse mit jeder Pharmafirma eigene Verträge abschließen, so dass die eine Kasse mehr, die andere weniger für das gleiche Medikament bezahlen muss.

 

Was bewirkt nun das Rabattgesetz?

Gemäß gesetzlicher Regelung ist jeder Apotheker bei Vorlage eines Rezepts verpflichtet, eines der drei (scheinbar – denn wir wissen es ja nicht wirklich) kostengünstigsten Medikamente an den Patienten weiter zu geben. Einzige Bedingung ist: Der Wirkstoff muss identisch sein.

Ein Beispiel: Verschreibt der Arzt Ramipril von ratiopharm, bekommt der Patient eines der drei preisgünstigen Alternativen, was also dann Ramipril von Stada oder Hexal oder sonst einer Firma sein kann. Das ist soweit ja auch okay.

Jedoch wechseln die Verträge recht häufig, was in der Regel dazu führt, dass der Patient nach einem Jahr Ramipril-Hexal jetzt plötzlich Ramipril-AbZ bekommt, weil der Rabattvertrag zwischen Krankenkasse und Hexal nicht mehr existiert.

Und hier beginnt das Dilemma. Oma Berta mit ihren 78 Jahren kann sich die Namen der Medikamente eh nicht merken, aber sie wusste immer, dass die kleinen roten Pillen gegen den Blutdruck waren und ihr auch immer gut geholten haben. Bei der neuen Firma sind die Pillen aber groß und gelb. Und wenn Oma Berta dann noch vielleicht eine andere rote Pille bekommt, verwechselt sie vielleicht das Medikament aufgrund der veränderten Farbe. Spätestens dann ist aber der Blutdruck nicht mehr im Normbereich, sondern schwankt, oder steigt.

Dazu kommt dann noch die Erkenntnis, dass 30-50% einer jeden Medikamentenwirkung von der Erwartungshaltung des Patienten abhängen, wie Studien eindeutig belegt haben. Oma Berta weiß: rot und klein lässt den Blutdruck sinken, und das funktioniert. Gelb und groß kennt sie aber nicht….

Sie halten das für konstruiert? Nein, ist es nicht, sondern von mir regelmäßig erlebte Wirklichkeit vor allem bei älteren Menschen.

Nun gibt es ja das kleine Kreuzchen auf dem Rezept vor dem Namen des Medikaments, mit dem der Arzt die Herausgabe eines bestimmen Medikaments erzwingen kann. Damit wäre doch alles ganz einfach. Ist es aber nicht, denn der Arzt darf dieses Kreuzchen nur dann setzen, wenn es einen zwingenden medizinischen Grund gibt, sonst bekommt er Ärger mit der Kassenärztlichen Vereinigung oder der Krankenkasse. Medizinische Gründe sind zum Beispiel Blindheit, oder nachgewiesene Unverträglichkeit eines Medikamentes.

Damit darf der Arzt dieses Kreuz leider nur in begründeten Einzelfällen setzen.

 

Ausweg

Nun gibt es aber einen Ausweg. Jeder Patient darf grundsätzlich selbst entscheiden, wenn er Medikamente nur eines bestimmten Herstellers haben möchte. Dazu muss er nur dem Apotheker sagen, dass er die Pille von Hexal (oder welcher Firma auch immer) möchte, und bekommt diese dann auch, muss aber das Präparat zunächst in der Apotheke komplett selbst bezahlen. Dann kann er die Quittung bei der Krankenkasse einreichen, die ihm dann das zurückzahlt, was das preisgünstigste Medikament gemäß Rabattvertrag gekostet hätte. In vielen Fällen bleibt der Patient dann nur auf wenigen Euro sitzen, da die Unterschiede oft nicht groß sind.

Aber viele Menschen scheuen diesen Verwaltungsaufwand, was ich gut verstehen kann. Denn man hätte das auch einfacher machen können, in dem der Apotheker einfach den Differenzbetrag in Rechnung stellt, und der Patient direkt in der Apotheke bezahlt. Das wäre doch so viel einfacher gewesen, passt aber eben nicht zum deutschen Bürokratiewesen – hier muss alles kompliziert gemacht werden.