Selbsttests – was bringen sie?

veröffentlicht am 4.4.21, aktualisiert am 28.4.21 aufgrund eines Urteils aus dem AG Meiningen (siehe ganz unten)

 

Sie sind in aller Munde und aktuell auch täglich in den Nachrichten. Man kann sie mehr oder weniger einfach in diversen Läden oder im Internet kaufen. Das was bringen sie?

Sinn dieser Tests soll sein, mehr oder weniger zuverlässig zu erkennen, ob man selbst oder ein Familienangehöriger „infiziert“ ist. Doch dazu müssten diese Tests sehr zuverlässig sein, sie müssten zum einen Infizierte zuverlässig erkennen, andererseits dürfen sie aber keine Menschen als positiv anzeigen, die nicht infiziert sind.

Und damit beginnen die Probleme. Denn wie der PCR-Test können auch die Selbsttests nicht erkennen, ob jemand infiziert ist. Denn auch sie können nicht zwischen lebenden oder toten Viren oder gar Virusresten alter aber schon zerfallener Viren unterscheiden. Dazu kommt, dass die Testgenauigkeit systembedingt deutlich schlechter ist als ein PCR-Test. Ihre Sensitivität (positive Genauigkeit) liegt nur bei 80-90%, was also dazu führt, in 10-20% einen eigentlich positiven Fall nicht zu erkennen. Mit der Spezifität (negative Genauigkeit) ist es oft noch schlechter bestellt, so dass der Test viel häufiger positiv sein wird, als tatsächlich eine Infektion vorliegt. So gab es nach Medienberichten z. B. in einer Schule über 70 positive Ergebnisse im Schnelltest, von denen nach Überprüfung durch einen medizinischen PCR-Test kein einziger positiver Fall übrigblieb.

Aus diesem Grund darf die Frage erlaubt sein, warum denn solche Tests überhaupt notwendig sind. Nun, nach meiner Meinung sind sie weitgehend überflüssig, denn sie bringen keine sicheren neuen Informationen, sondern tragen allenfalls zur allgemeinen Verunsicherung bei. Denn wie schon an anderer Stelle auf meiner Homepage dargelegt, gibt es keine nennenswerte Häufigkeit asymptomatischer Ansteckung, also einer Ansteckung durch Menschen ohne Beschwerden. Das hat es noch nie bei Viruserkrankungen der Atemwege gegeben, und ist auch jetzt mit hoher Wahrscheinlichkeit falsch und wurde nur behauptet, um die Angst in der Bevölkerung zu erhöhen.

Wenn man also selbst keine Beschwerden hat, muss man sich auch nicht testen oder testen lassen. Auch die aktuell oft durchgeführten Tests in Schulen oder neuerdings am Arbeitsplatz machen keinen Sinn und dienen nur dem Zweck, die Inzidenz zu erhöhen.

Denn es besteht die Möglichkeit, dass positive Schnelltestergebnisse beim Robert-Koch-Institut gemeldet werden. Dann werden sie dort als Infektion geführt, obwohl gar nicht bekannt ist (siehe oben), ob wirklich eine Infektion vorliegt. Damit steigt die Inzidenz an, obwohl möglicherweise keine Gefahr für die Bevölkerung besteht. Zwar muss jeder positive Schnelltest durch einen medizinischen Test überprüft werden, jedoch ist nicht gesichert, dass im Falle eines negativen Testergebnisses dann die Erhöhung der Inzidenz wieder rückgängig gemacht wird, da laut Aussage des RKI die Zuordnung zweier Tests zu ein und derselben Person nicht immer möglich sei.

Allgemein gilt aber: je höher die Anzahl der Tests, desto mehr positive Ergebnisse werden gefunden.

Alles in allem machen solche Tests bei Menschen ohne Beschwerden also keinen Sinn. Denn die Fehlerquote ist in beiden Richtungen sehr hoch, so dass entweder eine unnötige Quarantäne die Folge sein kann, umgekehrt aber auch ein falsches Sicherheitsgefühl bei einem negativen Testergebnis ausgelöst werden kann.

Wie durch verschiedene Untersuchungen belegt, und auch vom RKI bestätigt, sind die Tests nur bei symptomatischen Patienten relativ genau, während bei nur wenigen Infizierten innerhalb einer Stadt oder eines Landkreises bei häufiger Anwendung unter asymptomatischen Menschen bis zu 90% der Testergebnisse falsch sein können. Damit jedoch sind sie völlig wertlos.

Ich möchte dies anhand zweier Grafiken aus einer Veröffentlichung des Robert-Koch-Institutes verdeutlichen:

 

Hier sehen wir die Wahrscheinlichkeit, dass der Test ein richtiges Ergebnis anzeigt, und zwar abhängig davon, wie viele Menschen wirklich infiziert sind, also Symptome haben.

Haben nur 5% oder weniger der Getesteten tatsächlich eine Infektion, was immer dann der Fall sein wird, wenn man „einfach drauflos“ Menschen ohne Beschwerden testet (ungezieltes Testen), so liegt die Wahrscheinlichkeit, bei einem positiven Testergebnis wirklich infiziert zu sein, zwischen Null und 50%. Mehr als die Hälfte aller Schnelltests werden also ein falsches Ergebnis anzeigen.

In der folgenden Grafik aus dem gleichen Dokument des RKI wurde das an zwei Konstellationen verdeutlicht.

Sie sehen also: Bei Reihentests an asymptomatischen Patienten liegt die Wahrscheinlichkeit, bei einem positiven Testergebnis tatsächlich infiziert zu sein, bei gerade mal zwei Prozent. Und selbst dann, wenn 10% der Getesteten infiziert sind, bekommt immer noch einer von fünf getesteten ein falsch positives Testergebnis. Angesichts der Konsequenzen (Quarantäne) ist das immer noch viel zu hoch!

Nun hat es den Fall, dass 10% der Bevölkerung infiziert sind, bisher in der Pandemie nicht gegeben, denn bezogen auf die Bevölkerung der BRD hätten damit ja 8,3 Millionen Menschen gleichzeitig krank sein müssen. Wenn man sich aber die täglichen Zahlen der RKI anschaut, sind wir selbst bei einer Annahme einer hohen Dunkelziffer weit von solchen Zahlen entfernt. So gab es zum Zeitpunkt der höchsten Raten ja nie mehr als 28.000 Meldungen pro Tag, und das bezogen auf die gesamte Einwohnerzahl der BRD von 83,2 Millionen. Es waren also nie mehr als 3,4 Menschen pro 10.000 (also 0,034%) als positiv gemeldet worden. Für eine Woche sind das knapp 24 Menschen. Ausgehend von der Erkenntnis der WHO, dass noch lange nicht jeder positive Fall auch infiziert ist, waren also tatsächlich deutlich weniger der 24 Menschen pro 10.000 infiziert. Selbst bei einer (aus meiner Sicht völlig unrealistischen) Dunkelziffer von 90% hätten wir also pro Woche maximal 240 Infizierte von 10.000, und das wohlgemerkt auf dem Höhepunkt der gemeldeten positiven Fälle.

Wenn wir jetzt analog zu der Grafik von oben einmal annehmen, dass 240 von 10.000 infiziert seien, dann würden ebenfalls unter der og. Annahme von 80% Sensitivität und 98% Spezifität folgende Zahlen erhalten:

10.000 Menschen, 240 infiziert, also 9.760 nicht infiziert.

Von den 240 Infizierten werden 192 (80%) richtig positiv getestet, 48 falsch negativ.

Von den 9.760 nicht Infizierten werden 195 falsch positiv getestet und 9.565 (98%) richtig negativ.

Wir haben also 192+195 = 387 positiv getestete Fälle, von denen aber nur 192 richtig positiv sind. Die Wahrscheinlichkeit, bei einem positiven Test wirklich infiziert zu sein, liegt also selbst dann nur bei 49,6% (nennt man in der Statistik „positiv prädikativer Wert“).

Mit anderen Worten: Selbst unter Annahme der (bisher) höchsten Infektionsrate in Deutschland liefert ein Schnelltest immer noch in jedem zweiten Fall, also knapp über 50% ein falsch positives Ergebnis. Umgekehrt werden in 48 Fällen von insgesamt 9.613 negativen Testergebnissen falsch negative Ergebnisse angezeigt, also liegt die Wahrscheinlichkeit, bei einem negativen Testergebnis doch infiziert zu sein, hier bei 0,49%

Meine Meinung: meiden Sie Tests ohne Grund. Die Fehlerquote ist einfach viel zu hoch. Fordert ein Geschäft einen Schnelltest, gehen sie woanders einkaufen.

Diese Metaanalyse bestätigt übrigens die Ungenauigkeiten der Selbsttests: https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD013705.pub2/full/de

 

Zum Abschluss noch eine Aktualisierung aufgrund eines Urteils des Amtsgericht Meiningen vom 18.1.2021, Az.: 3 XVII 234/19

Dort heißt es wortwörtlich:

"Es kann von einem Richter nicht verlangt werden, dass er unter Umständen gleich mehrmals am Tag eine Körperverletzungshandlung an sich duldet, bei der zudem ein Risiko des Eintritts eines Körperschadens besteht, nur um die Durchführung einer Diensthandlung (Anhörung und persönliche Eindruckverschaffung in der üblichen Umgebung des Betroffenen im Sinne der §§ 278 Abs. 1, 319 Abs. 1 FamFG) zu ermöglichen. Das ist mit dem nach Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG verfassungsrechtlich verbürgten Recht auf körperliche Unversehrtheit schlichtweg unvereinbar und im Übrigen auch nicht verhältnismäßig."

Wir fassen zusammen: Richter müssen diese Körperverletzung an sich nicht dulden. Der Normalbürger oder gar Kinder in der Schule und Kindergarten müssen dies! Körperliche Unversehrtheit als verfassungsmäßiges Grundrecht gibt es also nur für Richter, nicht jedoch für die allgemeine Bevölkerung.

Was denken Sie dazu?